IGF-Projekt: 18592 N (2016 - 2019)
Eine Grundvoraussetzung für hochqualitative Präzisionsoptiken sind verlässliche Verfahren für eine präzise Oberflächenvermessung mit reproduzierbaren Ergebnissen. Ein großes Potential hierfür besitzt die optische, berührungslose Messtechnik der Interferometrie, deren Vorteil in der zerstörungsfreien, flächenhaften, genauen, hochauflösenden und schnellen Erfassung von Oberflächen liegt. Für die Fertigung großer konvexer asphärischer Präzisionsoptiken oder Freiformflächen stand bisher allerdings keine zufriedenstellende Methode zur Linsenvermessung zur Verfügung. Die Herausforderung lag dabei sowohl in der Größe dieser Komponenten, im Bereich von bis zu einem Meter Durchmesser, als auch in ihren komplexen Formen.
Das Ziel des Projekts TWI-Stitch bestand darin, eine schnelle, berührungslose Messmethode mit hoher Ortsauflösung und geringer Messunsicherheit für große asphärische Optikkomponenten zu erstellen. Diese soll für neue und innovative Produkte von z. B. lichtstarken Optiksystemen für die Fernerkundung und Hochenergieoptiken angewendet werden. Hierfür wurde im Rahmen des Projekts die Kombination zweier Verfahren untersucht, nämlich der innovativen, flexiblen Tilted Wave-Interferometrie (TWI) mit dem sogenannten „Stitching“-Verfahren. Ein Tilted Wave-Interferometer kann, im Gegensatz zu herkömmlichen Interferometern, auch stark asphärische Abweichungen in nur einer Messposition messen. Um den messbaren Durchmesser zu erweitern, werden mit dem TWI zuerst einzelne über die Messfläche verteilte Subaperturen aufgenommen. Im Anschluss werden die Einzelmessungen mittels einer im Projekt entwickelten Stitching-Algorithmik zur Gesamtmessung zusammengefügt. Durch die Fähigkeit des TWI, auch Freiformflächen messen zu können, kann mit diesem Ansatz die Anzahl der Einzelmessungen und damit die Messzeit im Vergleich zur konventionellen Stitching-Interferometrie um bis zu 90 % reduziert werden.
Für das Projekt wurde die neue Messmethode realisiert, indem ein bestehendes Granitportal mit einem TWI-Messkopf (bereitgestellt von einem Unternehmen des projektbegleitenden Ausschusses) kombiniert wurde. Im Rahmen des Projekts wurden neue, speziell für die Messaufgabe optimierte Messobjektive entworfen und hergestellt. Eine neue Kalibrierstrategie und die Fertigung mehrerer Kalibrierkugeln machten die Kalibrierung und damit reproduzierbare Messungen möglich. Es wurden drei Testflächen mit unterschiedlichen Eigenschaften definiert und gefertigt. Die Größe und das Gewicht der Prüflinge erforderte die Entwicklung eines neuen präzise justierbaren und langzeitstabilen Messmittelträgers. Sowohl die Hardware des Messkopfes als auch die Achsen des Messportals werden von der neu entwickelten Algorithmik angesteuert, sodass sowohl die Kalibrierung als auch der Messvorgang automatisiert ablaufen können. Durch Vergleichsmessungen konnten die Messergebnisse validiert werden. Ein Kipptest zeigt die Stabilität des Aufbaus, die die Voraussetzung für ein erfolgreiches Vermessen mehrerer Subaperturen ist. Durch die Erweiterung der TWI-Software um die Vorbereitung der Subaperturen und deren Einzelauswertung sowie die Entwicklung einer Stitching-Software wurden Subaperturmessungen möglich, deren Messergebnisse zusammengefügt werden. Somit ist es nun möglich, auch für sehr große Prüflinge präzise Informationen zu deren Oberflächenfehlern zu erhalten, was Grundvoraussetzung für den weiteren Bearbeitungsprozess ist.
Das in TWI-Stitch entstandene Wissen ist grundsätzlich für alle Optikhersteller interessant, die sich mit der Fertigung asphärischer Linsen und Freiformflächen beschäftigen, da diesen eine flexible und hochgenaue Messmethodik an die Hand gegeben werden kann. Durch die erhöhte Flexibilität bei den Optikherstellern entsteht neues Innovationspotential für Optikdesigner und Optikmaschinenbauer. Speziell diese Gruppen bestehen primär aus kleinen Ingenieurbüros, also vorrangig aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Zu den Anwendungsbeispielen, für die bisher keine zufriedenstellende Messtechnik verfügbar war und die daher direkt vom Einsatz der untersuchten Messmethodik profitieren werden, gehören lichtstarke Optiksysteme für die Fernerkundung, astronomische Teleskopsysteme oder auch Hochenergieoptiken, die alle typischerweise Durchmesser größer als 300 mm aufweisen.
Laufzeit: 01.09.2016 - 31.05.2019
Beteiligte Forschungseinrichtungen
Eingebundene Unternehmen
(Projektbegleitender Ausschuss, "PA")
Von diesen Unternehmen beteiligten sich die Unternehmen asphericon GmbH, Berliner Glas KGaA, LT Ultra Precision Technology GmbH, MPF-optics Ltd, OAT-Technologie GmbH und Qioptiq Photonics GmbH & Co. KG an der Deckung der auf freiwilliger Basis durch die Wirtschaft zu tragenden Administrationskosten. Die F.O.M. bedankt sich im Namen der begleitenden Branchen.
BMWi-Förderung
Wissenschaftliche Publikation
Abschließende Ergebnisse
Weitere Informationen für eingebundene PA-Unternehmen
Die Projektergebnisse wurden am 7. Juni 2018 auf dem Innovationstag Mittelstand des BMWK in Berlin präsentiert.