IGF-Projekt: 20423 N (2019 - 2022)
Bei der Versorgung von Knochenfrakturen werden Implantate eingesetzt, welche oft nicht dauerhaft im Körper verbleiben. Beispiele hierfür sind Traumaimplantate im Bereich der Osteosynthese oder Marknägel. Die spätere Entnahme ist oft durch Zellbewuchseffekte, wie stark anhaftende Knochenzellen, erschwert. Für den Operateur ist schwer entfernbares Gewebe für die Sicht auf das Implantat nachteilig. Kritisch sind zudem Schrauben, die nicht mehr herausgedreht werden können oder sogar brechen. Eine starke Zelladhäsion ist somit Ursache hoher OP-Risiken und Versorgungskosten.
Im vorausgegangenen IGF-Projekt Licht als Werkzeug (17957 N) wurde die effektive Reduktion der Zellhaftung durch ein LightPLAS-beschichtetes Implantat erfolgreich demonstriert. Für die Umsetzung und Nutzung der LightPLAS-Beschichtung bestanden jedoch noch Unsicherheiten bezüglich der Prozesssicherheit. Diese betrafen insbesondere den potenziellen Einfluss umgebender Medien, die Reduktion der Zellhaftung anderer Zelllinien, den Nachweis der Biokompatibilität sowie eine detaillierte Kostenabschätzung.
Ziel des Projekts war es, verbliebene Nutzungshürden durch Erhöhung der Prozesssicherheit abzubauen. Hierzu wurde die Effektivität bei weiteren Zelltypen (Fibroblasten sowie lebende Osteoblasten-Zellkulturen) unter statischen und fluiden Strömungsbedingungen untersucht, die statistische Evaluierung erweitert und eine konkrete Prozesstechnik erarbeitet.
Aufbauend auf den Ergebnissen aus dem Projekt Licht als Werkzeug wurde zunächst das Schichtdesign der LightPLAS-Beschichtung optimiert: Für polierten Edelstahl konnte eine deutliche Optimierung der Schichthomogenität (Schichtdickenabweichung < 1 %) und eine Erhöhung der Beständigkeit gegenüber der Dampfsterilisation erzielt werden. Auch die Anzahl lokaler Schichtdickenerhöhungen durch Staubeinschluss konnte deutlich reduziert werden. Es verblieben dennoch einige Menisken auf der beschichteten Oberfläche, die Ausgangspunkte für lokale Schichtablösungen bilden können, beispielsweise nach einmonatiger Auslagerung der Edelstahlmuster in einem Nährmedium mit Antibiotikazusatz oder nach mechanischer Reinigung. Der nach der Verfahrensoptimierung verbliebene Flächenanteil der Schichtablösungen ist jedoch gegenüber der Gesamtfläche des Implantats als klein zu bezeichnen. Bei einer Auslagerung der beschichteten Edelstahlmuster in reinem Wasser oder einer wässrigen Fibrinogenlösung zeigte sich eine dauerhafte Schichtstabilität bis zu mehreren Monaten.
Die biologischen Bewertungsverfahren zur Zellhaftung erfolgten mit hoher statistischer Absicherung unter Berücksichtigung umgebender Gewebe, insbesondere mit Betrachtung der Proteinadsorption.
Die Biokompatibilität der LightPLAS-Beschichtung konnte auf zehn unabhängig voneinander hergestellten Mustern mithilfe der Nutzung des WST-1 Assays in Anlehnung an die DIN EN ISO 10993-5 und 10993-12 nachgewiesen werden. Die adhäsionsmindernden Eigenschaften wurden an Fibroblasten sowie an lebenden Osteoblasten-Zellkulturen unter statischen und fluiden Strömungsbedingungen untersucht. Mit hoher statistischer Absicherung konnte eine signifikante Abnahme der Zellanzahl auf dem Edelstahlmuster durch die entwickelte Beschichtung von bis zu 70 % festgestellt werden. Eine anfänglich feststellbare erhöhte Zirkularität in der Zellmorphologie verlor sich jedoch nach 25 h Beobachtungszeit.
Der Einfluss der Beschichtung auf den Effekt der Kaltverschweißung wurde mit einem geeigneten Prüfstand bewertet. Diese Untersuchungen zeigten keine signifikanten Korrelationen.
Zur Einschätzung der 3D-Eignung wurden Simulationen mit einer Ray-Tracing Software durchgeführt. Auf Basis der ermittelten Bestrahlungsstärken und der Solldosis für den Beschichtungsprozess kann eine zukünftige Prozesskonzeptionierung erarbeitet werden.
Beispielhaft wurde eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für eine Konzeptstudie durchgeführt und ergab Beschichtungskosten bei einem Durchsatz von 20.000 bis 150.000 Implantaten pro Jahr in Höhe von 2,40 bis 7,30 Euro pro Implantat.
Mit dem Projekt konnten viele der offenen Fragestellungen zur Prozesssicherheit beantwortet, aber auch Limitierungen der Technologie identifiziert werden. Eine skalierbare Prozessanlage wurde beispielhaft konzipiert und detailliert wirtschaftlich für Bedürfnisse von KMU analysiert. Unternehmen haben nun eine belastbare Grundlage, um das Risiko einer Investition abschätzen zu können.
Die Ergebnisse sind weitgehend auf andere Materialien, wie z. B. Titan oder Kunststoffe, andere Implantatklassen sowie auf andere Medizinprodukte oder Biosensoren übertragbar. Sie helfen insbesondere mittelständischen Medizintechnik-Unternehmen bei der Entwicklung hochwertiger Innovationen.
Laufzeit: 01.11.2019 - 30.04.2022
Beteiligte Forschungseinrichtung
Eingebundene Unternehmen
(Projektbegleitender Ausschuss, "PA")
Von diesen beteiligten sich die Unternehmen Bio-Gate AG, Innovative Oberflächentechnologien GmbH, KLS Martin Group, Plasmatreat GmbH, Radium Lampenwerk GmbH, SITEC Industrietechnologien GmbH und Tricum Medizintechnik GmbH an der Deckung der auf freiwilliger Basis durch die Wirtschaft zu tragenden Administrationskosten. Die F.O.M. bedankt sich im Namen der begleitenden Branchen.
BMWK-Förderung
Wissenschaftliche Publikation
Abschließende Ergebnisse
Weitere Informationen für eingebundene PA-Unternehmen