header-image

Licht als Werkzeug

Oberflächenfunktionalisierung zur Adhäsionsreduzierung von humanen Zellen auf Traumaimplantaten

IGF-Projekt: 17957 N  (2013 - 2016)

 

DIE HERAUSFORDERUNG

In der heutigen Medizin werden zum Erhalt des Patientenwohls vermehrt medizinische Implantate verwendet. Vor allem bei der Versorgung von Frakturen werden Traumaimplantate eingesetzt, die lediglich temporär im Körper verbleiben. Die Entnahme dieser Implantate wird allerdings durch Einwachseffekte, zum Beispiel durch Osteoblasten und Fibroblasten, erschwert:

Knochenzellen können eine sehr hohe Haftung zur Implantatoberfläche aufbauen, sodass ein hoher Kraftaufwand zur Entnahme notwendig wird, schwer entfernbares Gewebe die freie Sicht des Operateurs auf das zu entfernende Implantat stark einschränkt und Implantatschrauben durch eine erhöhte Haftkraft abbrechen.

Eine reduzierte Zelladhäsion auf der Implantatoberfläche bei gleichbleibender Verträglichkeit bedeutet dagegen für den Patienten eine komplikationsfreiere Operation bei der Implantatentfernung, insbesondere ein reduziertes Risiko einer Nervenschädigung, gegebenenfalls kleinere Wunden, geringere Schmerzen und kürzere Wundheilungsphasen.

 

DIE INNOVATIONSIDEE

Ziel des Projekts „Licht als Werkzeug“ war die Reduzierung der Zelladhäsion beziehungsweise die Verhinderung der unerwünschten Zellanhaftung auf der Oberfläche wieder zu entfernender Traumaimplantate aus medizinischem Edelstahl durch Laser-gestützte Oberflächenfunktionalisierung sowie durch Licht-basierte Beschichtungsprozesse.

Die Idee folgte jungen Forschungsergebnissen, die belegen, dass die Oberflächentopographie und die chemischen und biologischen Eigenschaften der Oberfläche einen erheblichen Einfluss auf die Zelladhäsion haben. Dies wird bei bereits realisierten Techniken zum verbesserten Einwachsen von im Körper verbleibender Implantate deutlich, wie beispielsweise das mechanische Aufrauen der Oberfläche und die Aufbringung von elektrochemischen oder PVD-Beschichtungen.

In einem interdisziplinären Ansatz zwischen Materialwissenschaft, Optik, Biologie und Medizintechnik sollten UV- und VUV-lichtbasierte Verfahrensansätze geprüft und darauf aufbauend ein Prozess zur Zelladhäsionsminimierung entwickelt werden. Hierbei wurden ausschließlich biokompatible Oberflächen beziehungsweise Beschichtungen betrachtet, das heißt Systeme ohne Einsatz von gesundheitsschädlichen Ausgangssubstanzen.

Dem Leitgedanken der Industriellen Gemeinschaftsforschung gemäß wurden Studien zur industriellen Machbarkeit durchgeführt, die darauf abzielten, die Adhäsionsreduzierung beispielhaft an Knochenzellen (MG-63-Osteoblasten) auf Traumaimplantaten zu evaluieren.

 

DIE ERGEBNISSE

Die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit von Experten für Ultrakurzpuls-Laser, Plasmabeschichtungstechnik und Zellbiologen ermöglichte hervorragende Ergebnisse: Es konnte demonstriert werden, dass sowohl die Laserstrukturierung als auch die LightPLAS-Funktionsbeschichtung, bei der eine kohlenstoffarme siliziumanorganische Schicht mit niedriger Oberflächenenergie als Endprodukt entsteht, in der Lage sind, die Zellanzahl und Zellgröße von Osteoblasten (MG-63) auf Traumaimplantaten aus medizinischem Edelstahl zu reduzieren.

Bei der Beschichtung gelang dies mit einer hydrophoben, siliziumorganischen Beschichtung. Bei der Laserstrukturierung haben sich periodische, geordnete Strukturen linearer und gekreuzter Gitter als geeignet erwiesen.

Die Zellanzahl konnte bis auf ca. 20 % und die zellbedeckte Fläche auf Werte unterhalb von 20 % verringert werden. Weiterhin zeigte der Vergleich zwischen beschichtetem Edelstahl und unbeschichteter Referenz eine Reduzierung bis zu 90 % für die mittlere Zellgröße. Die Zellhaftung konnte ebenso nachweislich reduziert werden, wobei die geforderte Biokompatibilität der Beschichtungen erfüllt wird.

Für Titan konnten mittels Beschichtung vergleichbare Ergebnisse realisiert werden. Dies demonstriert die Übertragbarkeit auf andere Materialklassen.

Erste Abschätzungen zu Kosten und Durchsatzzahlen belegen die Wirtschaftlichkeit beider Verfahren.

 

KMU-NUTZEN

Mit Hilfe dieses Forschungsvorhabens wurden den Firmen die Grundlagen zur Verfügung gestellt, im zukunftsträchtigen Bereich der Herstellung und Beschichtung von Implantatmaterial erfolgreich zu agieren.

Durch die vorgeschlagenen Verfahrensansätze zur zelladhäsionsminimierenden Beschichtung von Implantatoberflächen werden vor allem kosten- und fertigungstechnische Vorteile gegenüber dem Stand der Technik erwartet.

Im Bereich Dienstleistung sind die Ergebnisse insbesondere für die Auslegung von Fertigungsprozessen und für Lohnbeschichtungsunternehmen von Interesse. Speziell für die Laser-basierte Strukturierungsmethode kann aufgrund der hohen Investitionskosten die Lohnfertigung der wirtschaftlich interessantere Zugang sein. Zudem werden von den im Rahmen des Projekts erzielten Ergebnissen Anlagenbauer, Zulieferer und Anwender gleichermaßen profitieren.

 

Laufzeit: 01.12.2013 - 30.09.2016

Beteiligte Forschungseinrichtungen

  • Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM, Bremen
  • Laser-Laboratorium Göttingen e. V.

Eingebundene Unternehmen
(Projektbegleitender Ausschuss, "PA")

  • BEGO Implant Systems GmbH & Co. KG
  • Coherent GmbH
  • Evonik Hanse GmbH
  • GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG
  • Heraeus Noblelight GmbH
  • Induflex Coating Systems GmbH KMU
  • Klinikum Bremen Mitte gGmbH, Institut für Pharmakologie
  • Karl Leibinger Medizintechnik GmbH & Co. KG
  • Naturelize GmbH KMU
  • Orthobion GmbH KMU
  • SITEC Industrietechnologie GmbH KMU
  • tricumed Medizintechnik GmbH KMU

Von diesen Unternehmen beteiligten sich die Unternehmen BEGO Implant Systems GmbH & Co. KG, Coherent GmbH, Heraeus Noblelight GmbH, Induflex Coating Systems GmbH, Karl Leibinger Medizintechnik GmbH & Co. KG, Naturelize GmbH, Orthobion GmbH und SITEC Industrietechnologie GmbH an der Deckung der auf freiwilliger Basis durch die Wirtschaft zu tragenden Administrationskosten. Die F.O.M. bedankt sich im Namen der begleitenden Branchen.

 

BMWi-Förderung

  • Das IGF- Vorhaben Nr. 17957 N der Forschungsvereinigung Feinmechanik, Optik und Medizintechnik wurde im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
  • Fördersumme: 465.350 EUR

Mediale Präsenz

Abschließende Ergebnisse

Weitere Informationen für eingebundene PA-Unternehmen

  • Präsentationen und Protokolle der PA-Sitzungen:
    -  26.09.2016 (Coherent LaserSystems GmbH, Göttingen)
    -  21.06.2016 (BEGO Implant Systems GmbH, Bremen)
    -  14.01.2016 (SITEC Industrietechnologie GmbH, Chemnitz)
    -  14.04.2015 (Heraeus Noblelight GmbH, Hanau)
    -  17.09.2014 (Laser-Laboratorium, Göttingen)
    -  28.01.2014 (Fraunhofer IFAM, Bremen)
  • Zwischenberichte:
    -  Zwischenbericht für 2015
    -  Zwischenbericht für 2014
  • Posterpräsentationen und Fachartikel:
    -  Poster 1 F.O.M.-Konferenz 2016
    -  Poster 2 F.O.M.-Konferenz 2016
    -  Artikel im SPECTARIS Medizintechnik-Jahrbuch 2016
    -  Poster BMWi-Innovationstag Mittelstand 2016
    -  Poster F.O.M.-Konferenz 2014
  • Detaillierter Abschlussbericht

Die Projektergebnisse wurden am 2. Juni 2016 auf dem Innovationstag Mittelstand des BMWK in Berlin präsentiert.