IGF-Projekt: 21227 N (2020 - 2022)
Amorphe Metalle stellen eine innovative und für technische Anwendungen sehr potente Materialklasse dar. Sie verbinden die hohe Widerstandsfähigkeit von metallischen Werkstoffen mit hervorragenden elastischen Eigenschaften, die mit Kunststoffen vergleichbar sind. Die zur Herstellung notwendigen hohen Abkühlraten beschränken in Gussprozessen die Bauteilgröße auf einige Millimeter Durchmesser sowie die Komplexität der Bauteile. Die Additive Fertigung in Form des Laser-Strahlschmelzens (engl.: Powder Bed Fusion of Metals using a Laser Beam, kurz PBF-LB/M) erlaubt es, die bisherigen Restriktionen zu überwinden. Die schichtweise Fertigung und prozesstypisch hohen Abkühlraten können synergetisch genutzt werden, um einerseits komplexe und große amorphe Bauteile zu realisieren und anderseits die hohe Abkühlrate für einen technologischen Mehrwert zu funktionalisieren.
In dem vorausgegangenen IGF-Projekt OptMetGlas (IGF-Nr. 19927 N) wurde die Herstellbarkeit amorpher Metalle auf Zr-Basis im PBF-LB/-Prozess erfolgreich demonstriert. Die mechanische Leistungsfähigkeit reicht nahezu an die gegossener Referenzproben heran. Es zeigten sich jedoch eigenschaftsbestimmende Abhängigkeiten vom Zustand des verwendeten Ausgangspulvers, die Qualität und Reproduzierbarkeit der Erzeugnisse maßgeblich beeinflussen.
Ziel des IGF-Projekts LaSaM war es, ein verlässliches industrielles Herstellungsverfahren mit einer synergetischen, optimal abgestimmten Material- und Prozesskette für hochwertige Produkte aus amorphen Metallen mit bauteilspezifischer mechanischer Leistungsfähigkeit zu etablieren. Dazu sollten Parameter entlang der gesamten Prozesskette, von der Legierungsauswahl, der Legierungssynthese und der Verdüsung über den PBF-LB/M-Prozess bis zur Nachbearbeitung amorpher Bauteile analysiert und optimiert werden.
Die Prozesskette wurde anhand der Legierung Vitreloy 101 (Cu47Ti34Zr11Ni8, Vit101) und die durch Zugabe von Silizium (Si) und Silizium-Zinn (Si-Sn) mikrolegierten Derivate Vit101Si und Vit101SiSn untersucht: Die untersuchten Pulver erwiesen sich mit hoher Sphärizität und ausreichender Fließfähigkeit als geeignet für den PBF-LB/M-Prozess. Verschiedene vereinzelt aufgetretene Mikrodefekte konnten durch Parameteranpassung für ein relativ breites Prozessfenster weitestgehend eliminiert werden, sodass sich hochdichte (99,9 % optische Dichte) und vollamorphe (bestimmt mittels dynamischer Differenz-Thermoanalyse und Röntgendiffraktometrie) Proben erzeugen lassen. Die Volumenenergiedichten liegen zwischen 25 und 35 J/mm3.
Die Untersuchung der material- und prozessseitigen Einflüsse auf die Defektausprägung ergab, dass vor allem Wechselwirkungen zwischen den belichteten Schichten zu schnell aufeinanderfolgender Scanvektoren im PBF-LB/M-Prozess ursächlich für eine ungewollte prozessinduzierte Kristallisation sind. Diese kann unabhängig von der Geometrie durch eine Verlängerung der Wartezeit zwischen zwei Vektoren vermieden werden.
Obwohl Mikrolegieren die thermische Stabilität gegenüber Kristallisation erhöht, ist die Ausgangslegierung Vit101 den mikrolegierten Derivaten überlegen: Die Verringerung der Zähigkeit als Folge der Si- und Si-Sn-Zugabe erwies sich aufgrund während des PBF-LB/M-Verfahrens entstehender hoher Eigenspannungen als nicht geeignet. Die geringere thermische Stabilität bei höherer Zähigkeit erwies sich daher als besser geeignet. Die Legierungsentwicklungs-Strategien aus Gussverfahren können somit nicht auf die additive Fertigung übertragen werden.
Die additiv gefertigten Vit101-Bauteile übertrafen gegossenes Vit101 deutlich in herstellbarer Größe und Komplexität. Über die Dreipunktbiegung wurden mechanisch-technologische Spannungs- und Dehnungseigenschaften untersucht: die Erzeugnisse wiesen keine plastische Verformung auf. Sie wiesen jedoch die zurzeit höchste dokumentierte Biegefestigkeit einer im PBF-LB/M-Verfahren hergestellten Probe von 2,47 GPa bei einer elastischen Dehnung von rund 2,5 % auf.
Komplexe auxetische Strukturen und nachgiebige Mechanismen (sog. Compliant Mechanisms) konnten ebenfalls erfolgreich hergestellt werden. Daraus resultieren Bauteile, die aufgrund ihrer besonderen Funktionalität den konventionellen aus kristallinen Metallen überlegen sein können. Das erhaltene Eigenschaftsprofil eröffnet ein vielfältiges Applikationspotential für Leichtbauanwendungen, hochbelastete nachgiebige Systeme und auxetische Strukturen.
Es wurde eine Prozesskette zur Herstellung amorpher Bauteile in nahezu beliebiger Größe und Komplexität aus Vit101 erfolgreich aufgebaut, die auf andere Anlagensysteme übertragen werden kann, lediglich limitiert durch die Anlagengröße und den Materialbedarf.
Pulverhersteller und Dienstleister im Bereich der additiven Fertigung, die oftmals KMU sind, können die Projektergebnisse nutzen, um ihr jeweiliges Materialportfolio um einen Hochleistungswerkstoff zu erweitern. Die hohe Festigkeit des Materials bietet sich besonders für hochbelastete Spezialanwendungen an. Solche Sonderanfertigungen werden entlang der gesamten Wertschöpfungskette häufig von KMUs bedient.
Laufzeit: 01.05.2020 - 31.08.2022
Beteiligte Forschungseinrichtungen
Eingebundene Unternehmen
(Projektbegleitender Ausschuss, "PA")
Lehrstuhl für Leichtbausysteme
Von diesen beteiligten sich die Unternehmen 3D MicroPrint GmbH, Fit Produktion GmbH, Indutherm Gießtechnologie GmbH, KARL STORZ SE & Co. KG, Linde AG, MBFZ toolcraft GmbH, MegaTherm Elektromaschinenbau GmbH, Nanoval GmbH & Co. KG, Olympus Winter & Ibe GmbH, Richard Wolf GmbH, Rosswag GmbH und TLS Technik GmbH & Co. Spezialpulver KG an der Deckung der auf freiwilliger Basis durch die Wirtschaft zu tragenden Administrationskosten. Die F.O.M. bedankt sich im Namen der begleitenden Branchen.
BMWK-Förderung
Deckung der Administrationskosten
Wissenschaftliche Publikationen
Abschließende Ergebnisse
Weitere Informationen für eingebundene PA-Unternehmen
Die Projektergebnisse wurden am 23. Juni 2022 auf dem Innovationstag Mittelstand des BMWK in Berlin präsentiert.