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InfektResonator

Mikroresonatoren für die Point-of-care-Diagnostik pathogener Keime

IGF-Projekt: 20934 N  (2019 - 2022)

 

DIE HERAUSFORDERUNG

Bei stationären Behandlungen kommt es durch ungezielten und übermäßigen Einsatz von Antibiotika immer häufiger zu oft tödlichen Infektionen durch (multi-)resistente Erreger sowie zu weiteren Resistenzen. Um diese Entwicklung aufzuhalten und die Chancen auf Therapieerfolg zu erhöhen, ist es nötig, schneller belastbare und differenzierte diagnostische Daten zu den Erregern zu erhalten.

Im klinischen Alltag werden aktuell Antibiogramme zur Bestimmung von Resistenzen genutzt, wofür die Erreger oft zuvor bis zu 48 Stunden kultiviert werden müssen. Einige Keime, wie beispielsweise Methicillin-resistente Staphylococcuslococcus aureus (MRSA) sind zwar durch moderne PCR-Methoden in wenigen Stunden detektierbar, jedoch können andere klinisch relevante Bakterien, wie z. B. Extended-spectrum Beta-Laktamase (ESBL) und Carbapenemase-produzierende Enterobakterien (CPE), erst durch ein erweitertes Biomarkerspektrum eindeutig identifiziert werden. Ein breites Biomarker-basiertes Screening ist allerdings aufgrund der verschiedenen Arten von Markerklassen unterschiedlicher Biomoleküle und den niedrigen Analytgehalten in Primärproben weiterhin ein ungelöstes Problem bei der Entwicklung schneller Diagnostikmethoden.

 

DIE INNOVATIONSIDEE

Ziel war die Entwicklung eines innovativen hochsensitiven Analysesystems, mit dem multiresistente Keime anhand neu erschlossener Biomarker schnell identifiziert werden können, selbst bei geringer Konzentration und ohne vorausgehende Kultivierung. Hierzu sollte eine Sensorik auf Basis von Whispering Gallery Mode (WGM)-Ringresonatoren genutzt werden. Dabei wird das wiederholt um Mikropartikel umlaufende Licht erfasst, das diese bei Resonanz zur Mitschwingung anregt. Die Mikropartikel sollten derart biofunktionalisiert werden, dass geeignete Fängermoleküle (z. B. Antikörper, Antibiotikum) an der Oberfläche der Partikel anhaften. Werden dann charakteristische Resistenzgenprodukte resistenter Bakterienstämme wie das Protein Beta-Laktamase zugegeben, sollte die Analyse mit WGMs Auskunft über eine Bindung des Zielsubstrats an die Fängermoleküle geben, um Rückschlüsse auf die vorliegenden Bakterienstämme und Resistenzen zu erlauben. Bereits etablierte Immunoassay-Systeme zum Nachweis von Allergen- oder Autoimmunbiomarkern sollten ebenfalls getestet werden.

 

DIE ERGEBNISSE

Antikörper und Antibiotika ließen sich an ca. 10 µm große Polystyrol-Partikel, funktionalisiert mit Carboxyl- und Aldehydgruppen sowie dem Protein G, anbinden. Mit der WGM-Analyse konnte die Interaktion zwischen den Antikörpern beziehungsweise Antibiotika auf den Partikeln und den zugegebenen Enzymen Beta-Laktamase in Echtzeit nachgewiesen und quantifiziert werden. Die Carboxyl-funktionalisierten Partikel erbrachten die besten Ergebnisse, während die zugegebene Beta-Laktamase sowohl mit den Antikörpern als auch mit dem Protein G eine unerwünschte Bindung einging. Die Bindungen zwischen Antikörpern und Beta-Laktamase wurden mit kostspieligeren und zeitintensiveren gängigen Methoden wie der Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie bestätigt.

Die Detektionsgrenze, bis zu der Beta-Laktamase TEM-1 noch erfasst werden konnte, lag bei 10 µg/ml. Kleinstmoleküle wie diverse Antibiotika mit Massen kleiner als 1.000 Da konnten so indirekt durch Zugabe von Beta-Laktamase über den Nachweis der entstehenden Bindungen nachgewiesen werden. Zur Auswertung der WGM-Signale wurde eine Software entwickelt, die es ermöglicht, ohne tiefergehende Kenntnisse der Bioinformatik oder der Mikroresonatoren verlässliche Ergebnisse zu erzielen.

Es konnten auch ganze Organismen wie die Bakterien Legionella pneumophila subsp. pneumophila trotz geringer Konzentration in wässriger Lösung unter Verwendung von polyklonalen Antikörpern nachgewiesen und die Koloniezahl quantifiziert werden.

Analysen zur Überprüfung der Eignung der WGM-Analyse für diagnostische Tests an Blutproben anhand des fötalen Kälberserums zeigten deutliche Diskrepanzen in den Resonanzspektren und Verschiebungen der Schwingungsmoden. Ursachen können z. B. in einer Beeinträchtigung der Messergebnisse durch die veränderte Farbe oder möglichen Wechselwirkungen mit verschiedenen Bestandteilen des Serums (Hämoglobin, Cholesterin, etc.) liegen. Auch durch starke Verdünnung waren keine verwertbaren Ergebnisse zu gewinnen. Um Blut mit dem WGM-System analysieren zu können, bedarf es somit weiterer Forschung zur Analyse und Korrektur von Störfaktoren.

 

KMU-NUTZEN

Die Vorteile der WGM-Analyse liegen in der hohen Sensitivität und der schnellen und leicht zu erlernenden Anwendung. Die Schnelligkeit der Nachweise ist perspektivisch vor allem in der medizinischen Diagnostik von Vorteil, da hier oftmals jeder Zeitgewinn ein Gewinn für den Patienten ist. Weiterhin bietet das WGM-System auch einen finanziellen Vorteil für den Anwender, da die Verbrauchsmaterialien, die für den Betrieb benötigt werden, sehr günstig sind.

Die eingesetzten Resonatoren und Geräte werden zum Großteil von KMU entwickelt. Daher profitieren vor allem die KMU, die die WGM-Analyse für neue Bereiche erschließen können: z. B. in der medizinischen Diagnostik, besonders in der Krebsforschung, in der Analytik von Boden, Wasser (Trink- und Abwasser, Qualitätskontrollen für Seen und Flüsse) und Luft sowie für Nachweise umweltschädlicher Stoffe. Hier können KMU auch als Dienstleister fungieren.

 

Laufzeit: 01.11.2019 - 31.12.2022

Beteiligte Forschungseinrichtung

  • Hochschule Furtwangen, Institute of Precision Medicine IPM

Eingebundene Unternehmen
(Projektbegleitender Ausschuss, "PA")

  • DIARECT AG KMU
  • InfanDx AG KMU
  • Laborärzte Singen GbR KMU
  • M24You GmbH KMU
  • NanoBioAnalytics KMU
  • QIAGEN Lake Constance GmbH
  • SmartDyeLivery GmbH KMU
  • SPECTARIS, Dt. Industrieverband
  • Steinbeis GmbH für Technologietransfer
  • Surflay Nanotex GmbH KMU
  • Uniklinik RTWH Aachen

Von diesen beteiligten sich die Unternehmen InfanDx AG, Laborärzte Singen GbR, M24You GmbH, NanoBioAnalytics, SmartDyeLivery GmbH, Steinbeis GmbH für Technologietransfer und Surflay Nanotex GmbH an der Deckung der auf freiwilliger Basis durch die Wirtschaft zu tragenden Administrationskosten. Die F.O.M. bedankt sich im Namen der begleitenden Branchen.

 

BMWK-Förderung

  • Das IGF-Vorhaben Nr. 20934 N der F.O.M. wurde im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
  • Fördersumme: 244.662 EUR

Abschließende Ergebnisse

Weitere Informationen für eingebundene PA-Unternehmen

  • Präsentationen und Protokolle der PA-Sitzungen:
    -  14.12.2022 (Webkonferenz)
    -  14.02.2022 (Webkonferenz)
    -  08.11.2021 (Webkonferenz)
    -  05.06.2020 (Webkonferenz)
  • Zwischenberichte:
    -  Zwischenbericht für 2021
    -  Zwischenbericht für 2019/2020
  • Posterpräsentationen:
    -  Poster F.O.M.-Konferenz 2022
    -  Poster F.O.M.-Konferenz 2021
    -  Poster F.O.M.-Konferenz 2020
    -  Poster F.O.M.-Konferenz 2019
  • Detaillierter Abschlussbericht

Die Projektergebnisse wurden am 15. Juni 2023 auf dem Innovationstag Mittelstand des BMWK in Berlin präsentiert.