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ISICOM

Entwicklung eines neuartigen, nicht invasiven In-situ-Kombi-Sensors zur Überwachung des metabolischen Zustands von Kultivierungsprozessen

IGF-Projekt: 19361 N  (2017 - 2020)

 

DIE HERAUSFORDERUNG

Biotechnologische Prozesse sind komplexe Mehrphasenprozesse, deren ganzheitliche Beschreibung nur mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand möglich ist. Zudem erfordern der steigende Pharmazeutikabedarf sowie steigende Qualitätsanforderungen in der Pharmazie- und Lebensmittelbranche eine Steigerung von Effizienz und Verlässlichkeit der Überwachung und Regelung mehrphasiger biotechnologischer Prozesse. Um solche Prozesse sicher und effizient zu gestalten, bedarf es Sensoren, die den Prozess- und insbesondere den Zellzustand möglichst nicht-invasiv und in situ erfassen. Diese Sensorkonzepte zur nicht-invasiven Echtzeiterfassung metabolischer Aktivität existieren bisher nicht.

 

DIE INNOVATIONSIDEE

Ziel des Projekts war die Entwicklung eines In-situ-Kombi-Sensors, der durch simultane Messung von Biomassekonzentration und pO2-Wert in einer kurzzeitig abgeschlossenen Kammer den O2-Verbrauch als Indikator des Zellzustands während der Kultivierung online ohne Probenahme ermittelt. Das Konzept des Sensors sollte auf der Miniaturisierung der dynamischen Methode beruhen: In einer Messkammer sollte ein für das gesamte Kulturzellvolumen definiertes und repräsentatives, zeitlich segmentiertes Volumenelement vom Rest der Zellsuspension aus dem Reaktor isoliert und sauerstoffdicht abgeschlossen werden. Der Sensor muss somit einen gasdichten Verschluss einer möglichst kleinen Messkammer garantieren. In der Messkammer sollten dann über Sensoren basierend auf Glasfaseroptik der pO2-Wert und die Biomassekonzentration über eine integrierte Streulichtoptode ermittelt werden, um den O2-Verbrauch zu bestimmen.

Der Vorteil dieser Sensorkombination wäre, dass der Sensor bei geöffnetem Messraum als konventionelle pO2- und Streulichtoptode arbeiten kann und die von diesen Sensoren ermittelten Werte mit denen der Sensoren im Reaktor abgeglichen werden können. Bei geschlossener Messkammer ist die spezifische Sauerstoffaufnahmerate der Zellen bestimmbar, ohne den Kultivierungsprozess zu beeinflussen oder eine Probe aus dem Reaktor entnehmen zu müssen.

 

DIE ERGEBNISSE

Der ISICOM-Sensor konnte erfolgreich entwickelt werden: Die Messkammer schließt ein definiertes Volumenelement kurzzeitig und gasdicht ein, um dort den pO2-Wert und die Biomassekonzentration simultan zu erfassen. Die simultane Erfassung wurde durch die Implementierung von zwei Messprinzipien im Sensorkopf erreicht: Zur Ermittlung des pO2-Werts wurden faseroptische Sensoren genutzt, die die sauerstoffabhängige Fluoreszenz in den Sensorspots auf der Glasscheibe der äußeren Lichtleiterführung erfassen. Der dazugehörige Lichtleiter wurde durch die innere Lichtleiterführung von hinten genau dort an die Glasscheibe geführt, wo der Sensorspot positioniert ist. Diese räumliche Trennung des Sensorspots von der optischen Faser ermöglicht ein Sterilisieren des Sensorkopfs, ohne die Sensorelektronik und die temperaturempfindlichen Lichtleiter zu zerstören. Die Biomassebestimmung erfolgt optisch mittels Trübungsmessung (180°-Streulicht). Hierfür wurde ein weiterer Lichtleiter mit dem inneren Sensorstempel an die Glasscheibe geführt, der das rückgestreute Licht und damit die Trübung in der Kammer direkt durch die Glasscheibe misst.

Die spezifische Sauerstoffaufnahmerate (qOUR) von Bakterien- (E. coli), Hefe- (K. phaffi) und Tierzell- (Chinese Hamster Ovary-/CHO-)Kultivierungen konnte mit dem Sensor erstmalig online in situ bestimmt und der metabolische Zustand der Zellen über den gesamten Kultivierungsprozess ohne Probenahme erschlossen werden. Somit waren Rückschlüsse auf die Anlaufphase des Populationswachstums („Lag-Phase“), die Änderungen des metabolischen Zustands und die Produktivität der Zellen möglich.

Die qOUR-Bestimmung war mit dem ISICOM-Sensor jedoch nur für geringere Zelldichten mit einer resultierenden qOUR bis zu 20 mmol/l/h) möglich. Für höhere Zelldichten erwies sich die Sauerstoffsensorik als zu langsam. Dennoch konnten auch bei hohen Zelldichten bereits durch die Online-Bestimmung der Biomasse wichtige Informationen gewonnen werden.

 

KMU-NUTZEN

Biotechnologische Prozesse finden eine breite Anwendung in der (Bio-)Pharmazeutika- und Lebensmittelbranche. Während viele der in der Lebensmittelbranche tätigen Unternehmen KMU sind, steigt mit steigendem Bedarf an Pharmazeutika auch der Bedarf an neuen Sensorkonzepten, die von KMU entwickelt und geliefert werden können. Für eine zuverlässige Produktion werden Prozessanalysatoren zur Prozessüberwachung und -regelung benötigt. Der ISICOM-Sensor kann hier entscheidende Informationen zur Prozessoptimierung und -auslegung liefern: Bei der Prozessüberwachung ist mit dem Sensor eine frühzeitige Fehlchargenerkennung und optimale Endpunktbestimmung möglich, sodass Ressourcen eingespart werden können. Zudem kann durch den Online-Einsatz des Sensors bei Bedarf gezielt während der Produktion in den Prozess eingegriffen werden. In der Prozessentwicklung können durch den Einsatz des ISICOM-Sensors Entwicklungszeit und somit Entwicklungskosten eingespart werden.

 

Laufzeit: 01.03.2017 - 31.08.2020

Beteiligte Forschungseinrichtung

  • Leibniz Universität Hannover, Institut für Technische Chemie

Eingebundene Unternehmen
(Projektbegleitender Ausschuss, "PA")

  • art photonics GmbH KMU
  • Blue Ocean Nova AG KMU
  • Christian Hansen
  • LabCognition, Analytical Software GmbH & Co. KG KMU
  • Ocean Optics BV
  • PreSens - Precision Sensing GmbH KMU
  • Sanofi-Aventis Deutschland GmbH
  • Sartorius Lab Instruments GmbH & Co. KG
  • Weihenstephaner Förderverein für Brau-, Getränke-, und Getreidetechnologie e. V.

Von diesen beteiligten sich die Unternehmen PreSens - Precision Sensing GmbH, Sartorius Lab Instruments GmbH & Co. KG sowie der Weihenstephaner Förderverein für Brau-, Getränke-, und Getreidetechnologie e. V. an der Deckung der auf freiwilliger Basis durch die Wirtschaft zu tragenden Administrationskosten. Die F.O.M. bedankt sich im Namen der begleitenden Branchen.

 

BMWK-Förderung

  • Das IGF-Vorhaben Nr. 19361 N der Forschungsvereinigung Feinmechanik, Optik und Medizintechnik wurde im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
  • Fördersumme: 159.130 EUR

Vorhabensbeschreibung

Wissenschaftliche Publikation

  • Dahlmann, K., Busse, C., Aupert, F., de Vries, I., Marquard, D., Solle, D., Lammers, F., Scheper, T., Online monitoring of the cell-specific oxygen uptake rate with an in situ combi-sensor. Analytical and Bioanalytical Chemistry 2020, 412: 2111–2121. DOI: 10.1007/s00216-019-02260-9

Akademische Abschlussarbeiten

  • Dahlmann, K. (2020): "Entwicklung eines neuartigen in situ Kombisensors zur Bestimmung der zellspezifischen Sauerstoffaufnahmerate" (Dissertation)
  • Ulber, N. (2019): "Entwicklung und Modifizierung eines Photometers zur Untersuchung des Sedimentationsverhaltens unterschiedlicher Zellsysteme" (Bachelorarbeit).

Abschließende Ergebnisse

Weitere Informationen für eingebundene PA-Unternehmen

  • Präsentationen und Protokolle der PA-Sitzungen:
    -  31.08.2020 (Webkonferenz)
    -  21.10.2019 (Leibniz Universität, Hannover)
    -  22.10.2018 (Leibniz Universität, Hannover)
    -  30.06.2017 (Leibniz Universität, Hannover)
  • Zwischenberichte:
    -  Zwischenbericht für 2019
    -  Zwischenbericht für 2018
    -  Zwischenbericht für 2017
  • Posterpräsentationen:
    -  Poster F.O.M.-Konferenz 2020
    -  Poster F.O.M.-Konferenz 2019
    -  Poster BMWi-Innovationstag Mittelstand 2019
    -  Poster F.O.M.-Konferenz 2018
    -  Poster F.O.M.-Konferenz 2017
  • Detaillierter Abschlussbericht

Die Projektergebnisse wurden am 9. Mai 2019 auf dem Innovationstag Mittelstand des BMWK in Berlin präsentiert.