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04.11.2014

Innovationsschutz: Strategien zur Sicherung des nachhaltigen Unternehmenserfolgs

Im globalisierten Markt zählen effektive Innovationen zu den wichtigsten Garanten für den nachhaltigen Unternehmenserfolg des deutschen Mittelstands. Daher ist technologisches Wissen zu schützen. Am 03.11.2014 diskutierten in Berlin Geschäftsführer, FuE- und Vertriebsleiter sowie Ingenieure innovationsstarker Unternehmen der Foto-, Optik-, Photonik- und Medizintechnik-Industrie im Rahmen des SPECTARIS/F.O.M.-Innovationsseminars "Innovationsschutz" verschiedene Schutzstrategien mit hochkarätigen Experten.

Roger A. Hildebrandt vom Technischen Informationszentrum Berlin des Deutschen Patent- und Markenamts DPMA erläuterte in seinem Impulsreferat die wichtige Rolle gewerblicher Schutzrechte für die Unternehmensentwicklung und korrigierte die häufigsten Vorurteile in Zusammenhang mit dem Schutz technologischen Knowhows durch die Anmeldung von Marken, Patenten, Gebrauchs- und Geschmacksmustern. Hildebrandt rät, Aufwendungen für den Schutz von geistigem Eigentum nicht als Kosten sondern als Investitionen anzusehen.

Die Patentanwälte Antje Heuer und Dr. Wilhelm Heuer der Kanzlei Dr. Heuer Patentanwälte stellten Tipps und Tricks für das Inhouse Intellectual Property vor und erläuterten an realen Beispielen, wie bei der Patentanmeldung potentielle Fallen vermieden und die Erteilungschancen erhöht werden können. Die Patentanwälte empfehlen eine umfassende Recherche, eine sorgfältig formulierte Produktbeschreibung und die kritische Abwägung von erreichbarem Schutz und Aufwand. Dr. Sina Bunzendahl und Dr. David Rees bestätigten die Empfehlung einer umfassenden Analyse aller national und international erhältlichen Patent-relevanten Informationen (z. B. zum Stand der Technik, vorhandenen Sperrpatenten, etc.) zur Erhöhung der Schutzrechtserteilungschancen. Sie gaben eine Übersicht über Patentinformationsquellen, von verschiedenen öffentlichen Quellen über nationale Patentämter bis zu kostenpflichtigen Datenbanken und raten dazu, gegebenenfalls die Unterstützung durch externe Dienstleister zu suchen.

Prof. Dr. Christian Donle und Konstantin Schallmoser, Rechtsanwälte bei Preu Bohlig & Partner, der renommierten "Kanzlei des Jahres für Patentrecht" 2013, informierten über den aktuellen Stand der erwarteten Änderungen im Europäischen Patentrecht, mit dessen Inkrafttreten zwischen Anfang 2016 und Anfang 2017 zu rechnen ist. Das "Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung" (EPeW) hat in jedem teilnehmenden Mitgliedsstaat den Status eines nationalen Patentes, jedoch mit gleicher Wirkung für die Erteilung, Übertragung, Widerruf und Nichtigerklärungen sowie für Ausschlusswirkungen und Schutzrechtsgrenzen. Dies birgt das Risiko der "einheitlichen" Vernichtung des Patentes, bietet aber auch eine erhöhte Angreifbarkeit von Schutzrechten der Konkurrenz. Nach einer Übergangszeit von 6-12 Jahren sind keine Übersetzungen mehr erforderlich.

Der Piraterieabwehr durch gewerbliche Schutzrechte stellte der Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsrecht und Geistiges Eigentum an der Technischen Universität München, Prof. Dr. Christoph Ann (vertreten durch Dr. Markus Safaricz, F.O.M./SPECTARIS), die Strategie der Geheimhaltung gegenüber. Beide Strategien zielen darauf ab, den exklusiven Zugang zu technologischem Wissen zu sichern; beide weisen jedoch auch Nachteile auf: Patentierung lässt sich nur auf einen beschränkten Kreis von Schutzgegenständen anwenden, verursacht erhebliche Kosten für die Erlangung und die Erhaltung des Schutzes, erfordert die Offenlegung technologischer Details, besitzt eine Laufzeitbeschränkung und lässt sich im Falle einer Schutzrechtsverletzung vielfach nur aufwendig durchsetzen. Die alternative Geheimhaltung ist hingegen irreversibel anfällig, z. B. gegenüber Risiken durch Industriespionage (Cyberangriffe, Social Engineering, etc.) oder dem Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch Mitarbeiter. Ann betont, dass eine effektive Geheimnisschutzstrategie vorausschauend angelegt sein muss und ein rundum wirksames Maßnahmenpaket benötigt.

Neben Schutzrechten an Alleinstellungsmerkmalen zur Sicherung der exklusiven Nutzung von Knowhow werden zunehmend Normung und Standardisierung von Gemeinschaftsmerkmalen genutzt, um Märkte für innovative Produkte, Prozesse und Dienstleistungen zu öffnen. Dr. Karlhanns Gindele, Mitglied der Geschäftsleitung von DIN, dem Deutschen Institut für Normung, machte deutlich, dass der Verzicht auf Wettbewerbsvorteile zur internationalen Durchsetzung von Technologien beitragen kann. Durch den offenen Technologietransfer und den Austausch mit anderen relevanten Marktteilnehmern lässt sich die Bekanntheit und die Akzeptanz einer Entwicklung mit den strategischen Instrumenten Normen und Standards fördern und eine nachhaltige Ergebnisverwertung erzielen.

Boris Buckow von EurA Consult stellte verschiedene Open Innovation Prozesse vor und beschreibt eine gelebte offene Innovationskultur als Basisbaustein innovativer Geschäftsmodelle. Der Zugriff auf externe Ressourcen und  die Bildung von projektspezifischen Allianzen können insbesondere KMU helfen, verborgenes Innovationspotential zu bergen. Die resultierende Erhöhung der Unternehmensflexibilität schafft Möglichkeiten, den Innovationstakt zu erhöhen und sich durch zahlreiche temporär ausbeutbare Entwicklungen den sich wandelnden Kundenwünschen schnell und stetig anzupassen.

SPECTARIS/F.O.M-Innovationsseminare sind Informationsquellen und Diskussionsforen zu aktuellen Themen der Innovationsschöpfung.