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21.11.2022

F.O.M. baut Unterstützung der Innovationskraft des Mittelstands weiter aus – trotz wachsender BMWK-Restriktionen

Bericht von neuen Leistungsrekorden und sich kontinuierlich verschlechternden Förderbedingungen auf F.O.M.-Mitgliederversammlung

F.O.M. baut Unterstützung der Innovationskraft des Mittelstands weiter aus – trotz wachsender BMWK-Restriktionen

Im Rahmen der zweitägigen F.O.M.-Konferenz 2022 "Gemeinsamer Fortschritt durch IGF-Vorlaufforschung in Optik, Photonik und Medizintechnik" trafen sich die Mitglieder der Forschungsvereinigung Feinmechanik, Optik und Medizintechnik e. V. (F.O.M.) am 08.11.2022 zur Mitgliederversammlung, um über die aktuellen Entwicklungen der Projekt- und Geschäftslage zu diskutieren sowie über die Herausforderungen für das System der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), dem wichtigsten deutschen Förderprogramm für vorwettbewerbliche Vorlaufforschung.

Die seit 2019 drastisch ansteigende Bürokratie des IGF-Programms, die zunehmend fragliche Unterstützung durch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) und krisenverursacht angespannte Geschäftslagen vieler Industrieunternehmen resultieren in einschneidenden Veränderungen rund um das dienstälteste Forschungsförderprogramm in Deutschland. Die Zukunft der IGF sowie die der sie bisher verwaltenden Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e. V. (AiF) ist trotz erstklassiger Evaluationsergebnisse so ungewiss wie seit vielen Jahren nicht mehr.

Das sensible, über fast sieben Jahrzehnte von vielen enthusiastischen Akteuren aufwändig aufgebaute Netzwerk mit 100 branchennahen Forschungsvereinigungen und kooperierenden Industrieverbänden sieht sich einer existenziellen Gefährdung durch die BMWK-Kündigung des "IGF-Vertrags" mit der AiF gegenüber. Zudem ist die budgetäre Ausstattung des IGF-Programms inzwischen – nach drei Budget-Kürzungen in Folge – so miserabel, dass das einstige Breitenförderprogramm des innovierenden Mittelstands in Deutschland defacto zu einem Exzellenz-Förderprogramm reduziert wurde. Bundesfinanzminister Christian Lindner machte jedoch in seiner Antwort auf die ihm am 26.09.2022 vom F.O.M.-Geschäftsführer, Markus Safaricz, öffentlich gestellte Frage deutlich, dass die Budgetausstattung der IGF in den Händen des Bundeswirtschaftsministeriums liege.  [Nachträgliche Einfügung vom 14.12.2022: ...]  Das Problem ist: Dort weiß man nichts davon. Zumindest ist das die Aussage der Abteilungsleiterin der BMWK-Innovationspolitik, Dr. Daniela Brönstrup. Frau Brönstrup antwortete am 12.12.2022 den irritierten Forschungsvereinigungen, dass auch sie selbst sich für die IGF ein höheres Budget wünschte, die Budgethöhe jedoch durch die Vorgaben des Bundeshaushaltsgesetzes entschieden würde, auf welches das BMWK keinen Einfluss habe.  [Einfügung Ende]

Der Bundeswirtschaftsminister scheint sein Interesses derzeit jedenfalls auf andere Aufgaben als auf die Innovationskraft des Mittelstands zu fokussieren. 190 Mio. Euro IGF-Budget in 2022 und 186 Mio. Euro in 2023 zur Förderung der gesamten Industriebreite in Deutschland reichen bei Weitem nicht aus, um den größten Teil des Innovationspotenzials unseres Mittelstands zu heben. Die Auswirkungen können verheerend sein. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die keine eigene Forschungsabteilung haben und somit auch durch die steuerliche Forschungszulage keine spürbare Unterstützung ihrer Innovationskraft erhalten, wird so die Möglichkeit zur Partizipation an der Umsetzung von Plänen für eine neue technologische Souveränität Deutschlands genommen. Über das jahrzehntelang effektivste Innovationsförderprogramm des Landes erhält nur noch ein kleiner Teil der Innovationsideen mit erstklassig bewerteten Anträgen eine Bewilligung. Zur Zeit reichen nicht einmal mehr 35 von 40 möglichen Gutachterpunkten, um eine Startfreigabe zu erhalten.  [Nachträgliche Einfügung vom 14.12.2022: ...]  Frau Brönstrup und die Leiterin des BMWK-Referats Industrieforschung für Unternehmen, Frau Sabine Maass, stellten in dem Gespräch am 12.12.2022 klar heraus, dass sie den resultierenden Wettbewerb der Forschungsprojekte und der gemeinnützigen Forschungsvereinigungen untereinander für wünschenswert halten. Uns drängt sich dabei jedoch die Frage auf, ob man da nicht etwas verwechselt hat. Ist es nicht vielmehr wünschenswerter, dass sich unsere Wirtschaftsunternehmen dem globalen Wettbewerb, durch möglichst zahlreiche Innovationen gerüstet, erfolgreich stellen können?  [Einfügung Ende]

In diesem Umfeld gelangen der F.O.M. in 2022 dennoch bemerkenswerte Leistungen: Trotz der rekordverspäteten Regierungsbildung zur Jahresmitte wurden ihr im laufenden Jahr acht Projektstarts bewilligt. Dadurch konnte für über 90 Industrieunternehmen – davon ca. zwei Drittel aus der Gruppe der KMU – ein Zugang zu zwei- bis dreijährigen innovationsorientierten Forschungsprojekten erschlossen werden.

Insgesamt betrieb die F.O.M. in 2022 damit 20 IGF-Projekte mit insgesamt 198 verschiedenen Unternehmen und 23 Ärzten, Kliniken oder Instituten in den projektbegleitenden Ausschüssen. Die wissenschaftliche Projektarbeit wurde von 31 kooperierenden Forschungsteams von universitären, Hochschul- und außeruniversitären Instituten durchgeführt. Mithilfe eines ausgereiften Antragsentwicklungssystems, deren Kern Vorbegutachtungen durch die renommierten Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats und die ebenfalls hochqualifizierten Projektkoordinatorinnen der F.O.M. bilden, gelang in Zusammenarbeit mit den Projektleitern der Forschungseinrichtungen in diesem Jahr die Einwerbung von 3,1 Mio. Euro für die neu gestarteten Projekte. Alleine in 2022 wurden mehr als 1,7 Mio. Euro Fördermittel ohne Abzug an die Forschungseinrichtungen weitergeleitet. Alle diese Zahlen stellen Rekordwerte der F.O.M. dar.

Spürbar rückläufig war in diesem Jahr allerdings die Beteiligung der Unternehmen an der Deckung der Administrationskosten der von der F.O.M. betriebenen IGF-Forschung. Das dritte Corona-Jahr, der Ukraine-Krieg mit allen seinen Folgen, drastisch steigende Energiekosten und eine hohe Inflationsrate setzen KMU und Großunternehmen gleichermaßen unter enormen Druck, dem freiwillige Leistungen als erstes zum Opfer fallen. Die gemeinnützige F.O.M., die gemäß der IGF-Richtlinie 100 % der eingeworbenen Fördermittel des Bundes an die Forschungseinrichtungen weiterleitet, darf ihre IGF-Verwaltungsarbeit jedoch nur durch freiwillige Beiträge der Industrie finanzieren. Während sich in den vergangenen sieben Jahren durchschnittlich zwischen 50 % und 80 % der Unternehmen in den projektbegleitenden Ausschüssen der F.O.M.-Projekte die Kostendeckung durch freiwillige Mitgliedschaften oder Spenden teilten, beteiligten sich in 2022 weniger als 40 % der Ausschussmitglieder. "Dass sich Unternehmen auch dann an IGF-Projekten beteiligen können und sie Forschungsergebnisse erhalten, wenn ihnen eine Beteiligung an der Deckung der Administrationskosten der IGF-Forschung nicht möglich ist, ist so gewollt und absolut sinnvoll." erklärt Safaricz. "Natürlich gab es schon immer auch Unternehmen, die 'auf Freiwilligkeit beruhend' mit 'kostenfrei' verwechseln. Da hilft auch die wiederholte Erklärung des siebzigjährigen Programmkonzepts nichts. Der gegenwärtig zu beobachtende Rückgang der Beteiligungen an der Deckung unserer Administrationskosten führt jedoch zur Unterfinanzierung unserer Arbeitskosten und gefährdet damit die Teilnahme der von uns begleiteten Branchen am IGF-System. Hier gilt es für die F.O.M., die Betreibung von IGF-Forschung in wachsamer Fahrt fortzusetzen."